Hannover – Was gibt es Neues in puncto Altenpflege? Das wollte ich wissen und war neulich auf Einladung des Lebensmittellieferanten Transgourmet bei der Altenpflegemesse in Hannover. Vom modischen Kasack über Pflegebetten bis hin zur Dokumentationssoftware gibt es dort alles, was das Altenpfleger-Herz begehrt. Ich hielt nicht nach etwas Konkretem Ausschau, ließ mich ganz entspannt über die Messe treiben – und stieß auf ein paar kreative Innovationen für die Altenpflege.
Ein Schwerpunkt der Altenpflegemesse waren Konzepte, die das gute Essen in Pflege-Settings fördern. Diese begegneten mir unter anderen am Stand „Gusto Vitas“ von Michael Staubach. Der Gewinner des Publikumspreises der Start-up-Challenge auf der Altenpflegemesse 2017 in Nürnberg hatte eine ebenso einfache wie geniale Idee: Er kocht Hausmannskost, püriert die einzelnen Komponenten und schichtet sie in Einmachgläser. So entstehen fertige Mahlzeiten für Senioren oder Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden, die ungekühlt sechs Monate haltbar sind, sich einfach aufwärmen lassen – und viel appetitlicher aussehen, als der einfarbige Brei, den man von den Babygläschen kennt. Im Video erklärt Michael Staubach nochmal genau, was es mit seiner Erfindung auf sich hat.
In diesem Jahr ging der Publikumspreis der Altenpflegemesse übrigens an die „SuperNurse“-Quiz-App für Pflegekräfte von Judith Ebel – eine alte Bekannte, über die ich bereits im vergangenen Jahr in meinem Artikel über das Aktivcamp Pflege in Berlin berichtet habe.
Eine andere Variante, auch Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden ein genussvolles Essen zu ermöglichen, sind Förmchen für pürierte Kost. Hättet ihr gedacht, dass die bunten Speisen auf der Etagere auf dem Aufmacherbild oben allesamt püriert sind? Eben. Mittels eines Verdickungsmittels wird das Püree gerade so gestärkt, dass es beim Stürzen aus den ofenfesten Silikonformen nicht zusammenfällt – und sieht so fester Nahrung zum Verwechseln ähnlich. Die kleinen Kunstwerke auf der Altenpflegemesse habe ich am Stand von Apetito WinVitalis gesichtet. Mit den Formen Anbieters Pürform hat das Magazin Lebenlang, für das ich arbeite, im Dezember zusammen mit dem Koch und Blogger Steffen Sinzinger zwei festliche Menüs gezaubert – eins püriert und eins „normal“. Den Artikel könnt ihr hier abrufen.
Gelungene Ernährungs- und Genusskonzepte in Senioreneinrichtungen standen bei dem Wettbewerb „Emotionale Genusskonzepte in der Seniorenverpflegung“ des Lebensmittellieferanten Transgourmet im Mittelpunkt. Dabei geht es vor allem darum, engagierten Küchen- und Hauswirtschaftsmitarbeiter wertzuschätzen, deren Einsatz im Pflegealltag viel zu selten wahrgenommen und gewürdigt wird. Meiner Meinung nach ist das Essen in Pflegeheimen und Co. unglaublich wichtig – und zwar sowohl in puncto soziale Interaktion als auch Qualität der Speisen. Ich war bei der Preisverleihung als Gast dabei, habe Kontakt zu einer der Gewinner-Einrichtungen geknüpft und kann mir gut vorstellen, hier demnächst über ihr Konzept zu berichten.
Dann zog ein knuffiger Roboter meine Aufmerksamkeit auf sich. Pepper kann tanzen, Personen erkennen, Tiere imitieren und Späßchen machen. Der Zweck des Forschungsprojektes ARiA (Anwendungsnahe Robotik in der Altenpflege) ist es, mit Senioren zu zu kommunizieren und sie zu aktivieren. Wie schon bei der kleinen Roboter-Robbe Paro stellte ich bei der Begegnung mit Pepper fest, dass ich offensichtlich ziemlich empfänglich für den Charme digitaler Begleiter mit lebendigen Kulleraugen bin. Die sind einfach süß! Aber seht selbst im Video.
Immer beliebter werden universelle Designkonzepte, auch bekannt als Design für alle. Was verbirgt sich dahinter? Ganz einfach: ansprechend designte Alltagsgegenstände, die Menschen mit Einschränkungen Hilfestellung bieten – und auch für alle anderen praktisch sind. Ein Beispiel sind etwa Waschbecken, die an den Seite Griffe haben, an denen die einen sich festhalten – und andere ein Handtuch aufhängen können. Besonders edle (und sicher nicht billige) Vertreter dieser Gattung finde ich am Stand von Hewi. Der Leiter Produktinnovation Veit Bechte verrät mir: „Unter unseren Kunden sind viele Hotels, die barrierefreie Zimmer anbieten möchten, die sie aber ebenso an Gäste ohne Einschränkungen vermieten können.“ Darüber hinaus ist es natürlich auch für Pflegebedürftige und Privatpersonen angenehm, in einer barrierefreien Umgebung zu leben, deren Funktionalität sich dezent in ein schickes Design einfügt.
Bereits auf Instagram ist mir ein kleines Start-up aufgefallen, das die gleiche Idee auf Holztische und -stühle übertragen hat: Mormor (das dänische Wort für Oma mütterlicherseits) aus Leipzig. Als ich zum Messestand des Start-ups komme, werde ich gleich von einem freundlichen jungen Designer begrüßt, der mich auffordert, an dem Tisch Platz zu nehmen. Auf den ersten Blick ein schlichter Holztisch mit weißer Platte und Metallbeinen, fallen bei genauerem Hinsehen Holzstangen auf, die die Tischpatte umrahmen. An denen kann man sich nicht nur beim Aufstehen vom Tisch festhalten – sie dienen auch als freistehende Stütze im Raum und ergänzen so die Handläufe, die an den Wänden der Flure von Pflegeheimen schon lange Standard sind. „Wir haben uns gefragt, wie wir einmal leben möchten, wenn wir alt sind“, sagt Willi Möller, Designer und Co-Founder von Mormor. Dabei herausgekommen ist eine ebenso schlichte wie elegante Möbellinie, die auch ich mir ziemlich gut in meiner Küche vorstellen kann.
Dieser Artikel wurde am 19. März 2018 veröffentlicht
3 Kommentare
Meine Oma braucht seit einigen Jahren Altenpflege und ich und meine Familie wollen immer alles tun, damit sie sich wohl fühlt. Ich hatte noch nie von dem Forschungsprojekte ARiA bzw. von Pepper gehört und ich finde die Initiative total toll. Ich hätte so einen Roboter für meine Oma sehr gerne. Danke für die Anregung
Liebe Laura, danke für deinen Kommentar. Ich freue mich, wenn ich mit meinem Blog Betroffene und Angehörige über Möglichkeiten informieren kann, die sie noch nicht kennen. Alles Gute für dich und deine Oma!
Es ist recht schön, wenn man an die spezielle Ernährung der Senioren denkt. Die brauchen doch Aufmerksamkeit nicht nur bei der Pflege, sondern auch in ihren alltäglichen Bedürfnissen. Wir suchen nach der häuslichen Hilfskraft für unsere Oma. Solche „Spezialitäten“ könnten bei ihr den Geschmack am Leben verlängern!