Seniorenmesse in Reinbek: Meine Oma testet das Elektromobil

Seniorenmesse in Reinbek: Meine Oma testet das Elektromobil

Seniorenmesse in Reinbek

VON E-MOBILEN UND SENIORENHANDYS

Meine Oma und ich haben uns bei der „Viva Seniores“ auf Schloss Reinbek umgeschaut

Reinbek – ,Eine Ausstellung, bei der sich alles ums Alter dreht – da muss ich hin‘, denke ich mir, als ich von der Seniorenmesse auf Schloss Reinbek höre. Und weil so ein Ausflug zu zweit viel mehr Spaß macht als alleine, nehme ich meine Oma (85) mit.

Ein kluger Zug, wie sich bald nach unserer Ankunft herausstellt. Denn die „Viva Seniores“ ist eine Verbrauchermesse – das heißt, sie richtet sich in erster Linie an alte Menschen. Viele der Aussteller haben ihre Produkte nicht nur dabei, sondern laden uns auch zum Ausprobieren ein. Da es etwas albern aussehen würde, wenn ich mich auf den Treppenlift setze oder den Rollator schiebe, übernimmt meine Oma diesen Part. Ich halte fleißig die Kamera drauf (das Ergebnis könnt ihr in der Bildergalerie unten sehen) und stelle mal wieder fest, dass Omi ein äußerst talentiertes Model ist.

NACHFRAGE NACH SENIORENHANDYS STEIGT

Bei unserem Streifzug durch das Schloss machen wir uns ein Bild davon, was die Senioren von heute bewegt. Da ist zum Beispiel der Stand vom Telefonladen Glinde, bei dem wir Seniorentelefone und -handys unter die Lupe nehmen. Die große Auswahl überrascht mich. Bisher war ich davon ausgegangen, dass die meisten alten Menschen grade bei Handys lieber zu benutzerfreundlichen „normalen“ Geräten greifen – auch, um sich in der Öffentlichkeit keine Blöße zu geben. Doch weit gefehlt. „Die Nachfrage steigt – vor allem Frauen im Alter von 60 bis 80 Jahren nehmen die Seniorenhandys sehr gut an“, sagt die Shopleiterin Sabrina Kleinfeld. Viele ihrer Kunden kämen zudem regelmäßig im Geschäft vorbei, um ihr Guthaben aufzuladen, sich über Neuheiten zu informieren – und ein bisschen zu quatschen.

Einen Stand weiter treffe ich Uwe Bolt, der sich auf „alles rund um den Computer“ spezialisiert hat. Bei der Arbeit mit Senioren nimmt er sich Zeit, um herauszufinden, was ihre konkreten Bedürfnisse sind. „Alte Menschen wollen, dass ihre Fragen ruhig und verständlich beantwortet werden“, sagt der IT-Experte. Die eigenen Kinder seien dafür oft zu hektisch und ungeduldig.

EHRENAMT IM ALTER

Meine Oma interessiert sich weder für Handys noch für Computer und ist schon mal weitergezogen. Ich beeile mich, um sie einzuholen. Im Gehen machen ich mir noch einige Notizen. „Was schreiben Sie denn da?“ fragt mich eine ältere Dame vom Stand der Reinbeker Arbeiterwohlfahrt (AWO) forsch. Ich stelle ihr mein Blog-Projekt vor und wir kommen ins Gespräch. Christa Mühlmann ist 76 Jahre alt und engagiert sich ehrenamtlich bei der AWO. „Ich machte einen Computerkurs, half bei einem Weihnachtsmarkt – und dann bin ich da so reigerutscht“, erzählt sie. Zusammen mit anderen Ehrenamtlichen organisiert sie zahlreiche Angebote für Senioren, zum Beispiel Ausflüge und Kaffeefahrten. „Diese Arbeit gibt mir das Gefühl, dass ich noch gebraucht werde.“ Ihre Mitstreiterin Annemarie Peters (75) kommt dazu und ergänzt: „Es macht viel Spaß, mit den alten Leuten zu arbeiten.“

Ganz anders, aber wie ich finde ebenso sinnvoll, ist der Ansatz von Ursula und Frank Buchwald. Gemeinsam mit Senioren erstellen sie deren Biografien und Familiengeschichten – hochwertig gesetzt und gebunden. „Es gibt immer mehr Menschen, die viel zu erzählen haben und von ihren Kindern aufgefordert werden, ihre Erinnerungen aufzuschreiben“, sagt Frank Buchwald, der gelernter Schriftsetzermeister ist. An seinem Stand wird er heute unterstützt von Ursula König – einer zufriedenen Kundin, die inzwischen zu einer guten Freundin geworden ist.

OMA MACHT (E-)MOBIL

Mein persönlicher Höhepunkt des Tages ist der Moment, als Oma das Elektromobil testet. Ein Elektromobil ist eine Mischung aus Rollstuhl und Roller. Mit vier Rädern und direkter Lenkung ermöglicht es Menschen mit Gehbehinderung, sich schnell fortzubewegen. Zuerst muss ich Oma ein bisschen überreden. Aber als sie dann am Steuer sitzt, gibt sie beherzt Gas, brettert die Rollstuhlrampe hinuter und dreht eine zügige Runde durch den Schlosshof. „Da muss man aufpassen, dass man niemanden umfährt“, sagt sie später.

Omas Höhepunkt ist der Shanty-Chor Neuengörs, der im Hintergrund Seemannslieder zum besten gibt. Zum Abschluss stehen noch „An de Eck steiht ‘n Jung mit ‘n Tüddelband“ und „In Hamburg sagt man Tschüss“ auf dem Programm. Oma ist von dem Elektromobil abgestiegen und wir schunkeln und singen ausgelassen.

Zurück in Omas Küche breiten wir unsere Mitbringsel auf dem Tisch aus und machen eine Bestandsaufnahme. Neben unzähligen Prospekten, Visitenkarten und Flugblättern haben wir fünf Rosen, zwei Jutebeutel, zwei Packungen Buntstifte, ein Quartett-Spiel, eine Parkuhr, drei kleine Tafeln Schokolade, eine Packung Gummibärchen, zwei Bonbons, drei Packungen Pfefferminzbonbons, drei Blöcke, 17 Kugelschreiber und zwei Kosmetikproben erbeutet. Ich würde sagen, der Messebesuch hat sich gelohnt – in mehrfacher Hinsicht.

BILDERGALERIE: Impressionen der Seniorenmesse in Reinbek 2017

WEITERE AUSSTELLER DER SENIORENMESSE IN REINBEK

Die im Artikel vorgestellten Aussteller sind nur eine Auswahl. Darüber hinaus waren auf der Messe noch Pflegedienste und -heime, Bestattungsinstitute, Anbieter von Sicherheitssystemen, Reha- und Medizintechnik, Anwaltskanzleien, Hörgeräteakustiker, Seniorenhäuser, und -residenzen, Betreutes Wohnen, Sportvereine, Reiseanbieter, ein Friedhof, ein Fotograf, eine Naturheilpraxis, die Senioren Union, eine Innedekorateurin, ein ambulanter Hospizdienst, eine Spedition für Umzüge, zahlreiche Referenten, die Fachvorträge hielten, und viele mehr vertreten.

 

Dieser Artikel wurde am 23. April 2017 veröffentlicht

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