Ernährung im Alter – Seniorenteller mit viel Fleisch

Ernährung im Alter – Seniorenteller mit viel Fleisch

Ernährung im Alter

WENIGER FLEISCH AUF DIE SENIORENTELLER!

Überblick zur ausgewogenen Ernährung von Senioren. Plus: altersspezifische Herausforderungen beim Essen

Hamburg – Neulich im Restaurant. Auf der Speisekarte steht ein Seniorenteller: „Geflügelsauerfleisch, Roastbeef, Bratkartoffeln und hausgemachte Remouladensauce“. Abgesehen davon, dass dieses Angebot mir als Ovo-Lacto-Pesco-Vegetarierin (Fleisch esse ich nicht, Fisch Eier und Milchprodukte in Maßen) überhaut nicht zusagt, entspricht es auch nicht den Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung – vor allem nicht von Senioren. Oder?

Ich recherchiere bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Link siehe unten) und finde heraus, dass Senioren einen geringeren Energieumsatz haben als jüngere Menschen. Denn im Alter verändert sich der Körper. Die Muskel- und Knochenmasse sowie der Wassergehalt nehmen ab, während der Fettanteil steigt. Hinzu kommt, dass alte Menschen körperlich oft nicht mehr so aktiv sind. Auf ihrem Speiseplan sollten daher weniger energieliefernde Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß stehen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass sie ausreichend Vitamine und Mineralstoffe zu sich nehmen.

Das heißt: wenig Fleisch, Eier, schwere Saucen, Kartoffeln, Nudeln und mächtige Süßspeisen, stattdessen vor allem Obst- und Gemüse, Mineralwasser, Kräutertees, Saftschorlen, fettarme Milchprodukte und Vollkornprodukte. Das einzige an dem Seniorenteller, was dem entspricht, ist die Dekoration aus einigen Salatblättern, Tomaten und Petersilie. Okay, Roastbeef und Geflügel gehören zu den fettarmen Fleischarten und wären – wenn es schon Fleisch sein soll – mit anderen Beilagen eigentlich auch keine so schlechte Wahl, aber Bratkartoffeln (noch dazu mit Speck) und ölige Remoulade machen die Mahlzeit unnötig schwer.

ERNÄHRUNG IM ALTER

Natürlich sind die meisten Senioren von heute fleisch- und fettreiche Hausmannskost gewohnt. Die Ernährung ist ja immer auch kulturell geprägt. Gerade für die Kriegsgeneration, die oft Hunger und Entbehrungen erlebt hat, kommt reichhaltigem Essen eine ganz besondere Bedeutung zu. Und ich bin die Letzte die fordert, dass alte Menschen genötigt werden sollten, irgendwelchen modernen Ernährungstrends nachzueifern. Aber: Wenn man einige Dinge beachtet, kann man meiner Meinung nach durchaus Gerichte kredenzen, die Senioren schmecken UND ihr Wohlbefinden fördern.

Ein Beispiel sind die Fruchtspieße, die ich vor kurzem hier vorgestellt habe. Die Produktion des Videos über Fingerfood für Senioren hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich gern öfter für euch kochen würde. Damit das Ganze auf einem soliden theoretischen Fundament basiert, nehme ich im Folgenden das Thema Ernährung im Alter genauer unter die Lupe. Die recherchierten Fakten will ich dann künftig bei meinen Rezepten beachten – wobei ich bei aller Theorie finde, dass Genuss und die Lust am Essen eine übergeordnete Rolle spielen sollten.

HUNGER UND DURST LASSEN NACH

Alte Menschen verspüren oft weniger Hunger. Dafür gibt es verschiedene Ursachen. So schüttet ihr Körper schneller Sättigungshormone aus, während sich der Magen langsamer entleert. Verminderter Appetit wird zudem von einer veränderten Magensaftproduktion, Kau- und Schluckbeschwerden, Medikamenten oder Depressionen begünstigt. Auch das Empfinden von Durst lässt im Alter nach. Überdies sind es häufig Gewohnheiten oder die Angst, zu oft auf Toilette zu müssen, die Senioren davon abhalten, ausreichend zu trinken. Tipps: Über den Tag verteilt mehrere kleine Portionen, verschiedene Snacks und Getränke bereit stellen, für Abwechslung bei den Speisen und Getränken sorgen, eine angenehme Atmosphäre beim Essen schaffen

Ernährung im Alter: Fingerfood

Farbenfroh und lecker: Feinbrot-Häppchen mit Käse, Tomate, frischem Basilikum und Pfeffer

VERÄNDERTE SINNE

Ein wichtiger Grund dafür, dass alte Menschen oft keinen Spaß mehr am Essen haben, ist die abnehmende Sinneswahrnehmung. Wer weniger schmeckt, riecht und sieht, nimmt Speisen und Getränke oft als fad wahr und neigt dazu, sie zu übersalzen oder zu übersüßen. Medikamente, Erkrankungen, Gebisse und verminderte Speichelbildung verschärfen dieses Problem häufig noch. Tipps: Speisen mit Gewürzen und frischen Kräutern aufpeppen, kontrastreiche, farbenfrohe Mahlzeiten und Getränke kredenzen und appetitlich anrichten

DIE VERDAUUNG TICKT ANDERS

Auch die Magenschleimhaut verändert sich im Alter. Der Körper produziert weniger Magensaft und -säure und kann das für die Blutbildung und den Abbau von Fettsäuren wichtige Vitamin B12 sowie Mineralstoffe wie Eisen und Kalzium nicht mehr so gut aufnehmen. Darüber hinaus entleert sich der Magen später als in jungen Jahren und durch eine geschwächte Organmuskulatur kommt es häufiger zu Verstopfung. Tipps: Lebensmittel mit hohem Vitamin B12-Gehalt (körniger Frischkäse, Makrele, Leber) viel Eisen (Hülsenfrüchte, Hafer, Hirse) und Kalzium (Emmentaler, Sesam, Mandeln) in den Speiseplan einbauen. Die Darmbewegung mit einer ballaststoffreichen Ernährung mit vielen Vollkornprodukten, Obst und Gemüse anregen

Hülsenfrüchte und Hafer enthalten Eisen, Mandeln sind reich an Kalzium

FORMEN DER MANGELERNÄHRUNG

Aus den oben genannten Gründen leiden viele alte und vor allem hochaltrige Menschen unter Mangelernährung. Dabei kann man zwischen zwei Formen unterscheiden: Bei der quantitativen Mangelernährung nimmt der Betroffene weniger Energie zu sich, als sein Körper braucht, bei der qualitativen Mangelernährung fehlen auf dem Speiseplan bestimmte Nährstoffe wie beispielsweise Eiweiß, Vitamine oder Spurenelemente. Auch eine Kombination aus beiden Formen kommt vor.

WAS TUN BEI KAU- UND SCHLUCKBESCHWERDEN?

Einige alterstypische Beeinträchtigungen begünstigen eine Mangelernährung in besonderem Maße. Da wären etwa Kaubeschwerden, häufig ausgelöst durch schlecht sitzende Gebisse und Entzündungen im Mundraum. Hier kann manchmal eine Zahnsanierung oder verbesserte Mundhygiene für Abhilfe sorgen. Reicht das nicht aus beziehungsweise ist das Kiefergelenk abgesunken oder die Kaumuskulatur geschwächt oder liegen Schluckbeschwerden vor, sollte die Nahrungskonsistenz den individuellen Bedürfnissen entsprechend angepasst werden. Dabei gilt: graugrüner Einheitsbrei war gestern. Tipp: Moderne Ernährungskonzepte bieten vielfältige Ideen, um pürierte, teilpürierte oder weich gekochte Kost farbig und abwechslungsreich zu gestalten und in Form zu bringen. Sofern es vertragen wird, spricht auch nichts gegen kräftige Gewürze und Kräuter, um den Genuss beim Essen zu fördern. Wichtig ist allerdings, dass die Komponenten nicht krümeln, faserig sind oder Stückchen enthalten.

AUSGEWOGEN ESSEN BEI DEMENZ

Für Menschen mit Demenz gelten dieselben Anforderungen an eine ausgewogene Ernährung wie für alle anderen Senioren. Allerdings treten bei demenziell veränderten Personen häufig Beschwerden auf, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Dazu gehören Schluckbeschwerden und ein gestörtes Empfinden von Hunger und Sättigung. Bei einem starken Bewegungsdrang steigt der Bedarf an Kalorien und Flüssigkeit zudem drastisch. Auch typisch bei Demenz ist der Verlust der Fähigkeit, Speisen und Getränke als solche wahrzunehmen. Tipps: Speisen und Getränke in kräftigen Farben zubereiten, zum Beispiel mithilfe von roten Fruchtsäften, Rote Beete oder Kurkuma. Darauf achten, dass Essgeschirr und Tischset oder Tischdecke sich farblich abheben. Bei erhöhtem Kalorienbedarf hochkalorische Kost reichen.

Ernaehrung im Alter – Kontraste

Essgeschirr und Besteck sollten sich deutlich von der Unterlage abheben

„EAT BY WALKING“: KLEINE SNACKS FÜR WANDERER

Nach dem Konzept „Eat by Walking“ werden für sogenannte Wanderer innerhalb ihres Bewegungsraums kleine Imbiss-Stationen aufgebaut, an denen sie sich eigenständig bedienen können. Die dort aufgebauten Obststücke, Kekse oder belegten Brot-Häppchen können im Gehen verzehrt werden – eine sinnvolle Alternative für Personen mit hohem Energiebedarf, denen bei Tisch die nötige Ruhe fehlt, um ausreichend Nahrung zu sich zu nehmen.

FINGERFOOD FÜR SENIOREN

Ob im Gehen oder im Sitzen – Fingerfood ist auch eine bewährte Darreichungsform wenn Senioren aufgrund einer Demenz oder anderer Einschränkungen nicht mehr mit Messer, Gabel und Löffel zurechtkommen. Die ohne Besteck essbaren Speisen können unter Berücksichtigung vieler der oben genannten Tipps zubereitet werden. Der größte Vorteil von Fingerfood ist meiner Meinung nach jedoch, dass es die Selbstständigkeit alter Menschen beim Essen trotz nachlassender Fähigkeiten so lange wie möglich erhält. Dass dabei manchmal die Tischmanieren außer Kraft gesetzt werden, sollte in diesem Fall zweitrangig sein.

Wenn es der Person schmeckt und sie es gewohnt ist, spricht selbstverständlich nichts gegen Fingerfood oder andere Gerichte mit – möglichst fettarmem – Fleisch. Manchmal kann man aber auch im Alter ruhig mal etwas Neues, Vegetarisches oder kräftig Gewürztes ausprobieren – und damit vielleicht zuvor ungeahnte Gaumenfreuden erleben.

Dieser Artikel wurde am 30. April 2017 veröffentlicht

NÜTZLICHE LINKS

  • Weitere Informationen zur optimalen Nährstoffversorgung im Alter sowie eine Broschüre zum Herunterladen gibt es auf der Internetseite „Fit im Alter“ der Gesellschaft für gesunde Ernährung
  • Formen für pürierte Kost hat der Anbieter Pürform im Sortiment
  • Infos und Rezepte zu „Eat by Walking“ und Fingerfood gibt es von Unilever

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Demenz verstehen – Ganzheitliche Expertentipps für Angehörige und Freunde. Von Kati Imbeck und Christine Berg. EAN: 9783968600093

4 Kommentare

  1. Gabriele Ertl sagt:

    Ein Alters- oder Pflegeheim, welches sich um alte Menschen kümmert und diese täglich versorgt, steht in der Pflicht, sich damit auseinander zu setzen, welche die beste Ernährung für dieses Klientel darstellt. Es geht schließlich nicht um Fütterung sondern um Ernährung in Würde und es geht auch nicht darum, dass es “ja egal” ist, wann und woran der jeweilige Insasse stirbt, sondern dass man jedem ein möglichst langes Leben wünscht.

    Hinzu kommt, dass die Tiere in der heutigen Massentierhaltung gen-manipuliertes Futter erhalten, Hormone gespritzt bekommen, damit sie schneller wachsen, was dem Knochenbau schadet und Schmerzen sowie Bewegungsbeeinträchtigung verursacht. Dies bedeutet Stress. Zusätzlicher Stress wird durch die engen unnatürlichen Haltungsbedingungen erzeugt. Dagegen werden den Tieren Antibiotika verabreicht. Abgesehen davon, dass dieses Praxis unethisch und grauenvoll ist, nimmt all das der Verbraucher zu sich, was nicht wirklich gesund sein dürfte. Viele Menschen, die ständig Fleisch aus nicht-artgerechter ökologischer Tierhaltung zu sich nehmen, haben eine Antibiotika-Resistenz entwickelt, so dass ein solches nicht mehr wirkt, wenn es eingesetzt werden muss.

  2. Helga sagt:

    er ausgewogene Akzent in der Ernährung hat mir ganz gut gefallen:)Die Oma mag sehr gerne aus gewürfelten Brotresten leckere Croûtons selbst zu bereiten. Diese mag sie gerne mit dem Tee abends, bis einmal ein Stück Zahn wegfiel. Die Zahnsanierung hat gerettet:) Nun hält sie sich an Mangelernährung! Vielleicht sinnvoll, danke!

  3. Mein Großvater ist jetzt schon sehr alt und braucht viel Untersützung. Meine Oma kocht noch für ihn und verwundert sich, dass er so wenig ist. Das der Hunger nach lässt, ist bei ihm sichtbar. Meine Oma selbst ist auch schon recht alt, wir sollten überlegen ihn einen Pflegedienst zu beschaffen, der weis auch was gut für meinen Opa ist und was nicht.

  4. Laura sagt:

    Sehr interessanter Beitrag! Ich wohne mit meiner Oma in einem Haus, bin allerdings selten da. Daher bekommt sie jetzt seit einiger Zeit täglich gutes Essen von einem Bringdienst in Dresden geliefert. Ihr schmeckt es und ich weiß, dass sie ordentlich isst 🙂

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