Senioren-Tablet zeigt Blog kati cares

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Senioren-Tablet

ZU HAUSE LEBEN – SO LANGE ES GEHT

Im Alter eigenständig bleiben – wie das möglichst lange gelingt, soll das Hamburger Pilotprojekt „NetzWerk GesundAktiv“ zeigen. Dabei sind auch Senioren-Tablets im Einsatz. Wie kommen die bei alten Menschen an? Ich habe nachgefragt.

Hamburg – Mit Computern kennt sich Monika nicht aus. Doch heute will sie herausfinden, was es mit der modernen Technologie auf sich hat – und wie sie ihr im Alltag nützen kann. Dafür besucht die 76-Jährige das Beratungsangebot Café PAUL im Albertinen Haus, einem Zentrum für Geriatrie und Gerontologie in Hamburg.

PAUL bedeutet „Persönlicher Assistent für unterstütztes Leben“ und ist eine Art Computer-Programm. Ist es auf einem Tablet-Computer installiert, hat dieser eine Bedienoberfläche, die speziell auf die Bedürfnisse von Senioren zugeschnitten ist.

Monika besitzt so ein Senioren-Tablet mit PAUL als Bedienoberfläche. Große Symbole auf dem Bildschirm zeigen verschiedene Funktionen an, zum Beispiel „Internet“, „Radio“ oder „Bücher“. Außerdem gibt es ein Trink-Tagebuch, ein schwarzes Brett mit Veranstaltungen in Monikas Umgebung und die Möglichkeit, sich per Video-Telefonie mit anderen Senioren oder Angehörigen auszutauschen.

Senioren-Tablet Blog kati cares

Café PAUL: Computer-Experte Max Schellmann (rechts) erklärt, wie Tablets und Smartphones funktionieren

PILOTPROJEKT UND SENIOREN-TABLET FÖRDERN EIGENSTÄNDIGKEIT IM ALTER

Als eine von rund 880 Hamburger*innen nimmt Monika an dem Pilotprojekt „NetzWerk GesundAktiv“ (siehe auch Kasten) teil. Es soll alten Menschen, die pflegebedürftig sind oder es in absehbarer Zeit werden könnten dabei unterstützen, so lange wie möglich selbstständig im eigenen Haushalt zu leben.

Von dem Programm erfahren hat Monika über ihre Krankenkasse. Nach der Anmeldung und einer medizinischen Untersuchung erhielt sie vor mehr als einem Jahr einen individuellen Unterstützungsplan mit Vorschlägen für Aktivitäten und Angebote, die einer Pflegebedürftigkeit vorbeugen sollen – zum Beispiel Sportkurse, Beratungsstellen oder Seniorentreffs. Außerdem bekam sie das Tablet. „Das lag dann die ganze Zeit bei mir rum, aber benutzt habe ich es nicht“, sagt sie.

Das soll sich jetzt ändern, und zwar mit Hilfe von Max Schellmann. Der selbstständige Computer-Experte ist im Café PAUL für die Beratung zuständig. „Ich sehe mich als eine Art Fahrlehrer für Computer“, sagt er.

SENIOREN-TABLET ERLEICHTERT ALTEN MENSCHEN ZUGANG ZUM INTERNET

Monika ist heute die erste Besucherin des Café PAUL, und so kann er sich viel Zeit nehmen, ihr die verschiedenen Funktionen zu erklären. Sie erfährt zum Beispiel, dass eine „Webseite“ so etwas wie ein Schaufenster einer Firma oder Organisation im Internet ist. Während Monika übt, über die Suchmaschine „Google“ Seiten im Internet zu finden und zu öffnen, trudeln nach und nach weitere Gäste ein.

Bloggerin Rose (links) im Gespräch mit einer Mitarbeiterin vom NetzWerk GesundAktiv

Bloggerin Rose (links) im Gespräch mit einer Mitarbeiterin vom NetzWerk GesundAktiv

Da ist zum Beispiel die 83-jährige Rose, die einen eigenen Blog betreibt, und den „Fahrlehrer“ Max Schellmann dabei unterstützt, den anderen die Welt der Technik näher zu bringen. „Das schafft der Herr ja gar nicht alleine“, sagt sie. Oder Eva (80), die sich um ihren Mann kümmert, der Demenz hat. „Ich möchte lernen, wie ich mich im Internet über Unterstützungsangebote informieren kann“, sagt sie.

WER ZUHAUSE EIN SENIOREN-TABLET NUTZEN WILL, BRAUCHT INTERNET

Christel (87) nimmt zwar an dem Programm NetzWerk GesundAktiv teil, hat aber kein Senioren-Tablet mit PAUL, da sie schon vorher ein iPad besaß. „Mit Hilfe meiner Enkel komme ich damit eigentlich ganz gut zurecht und habe sogar schon per FaceTime nach Amerika telefoniert“, berichtet sie. Zum Café ist sie aber trotzdem gekommen. „Ich bin sehr kontaktfreudig und habe gehört, das ist hier ein gemütliches Beisammensein.“

Die 84-jährige Helga würde ihr Senioren-Tablet gern benutzen, hat aber zuhause keinen Internet-Zugang. Das möchte sie ändern, weiß aber nicht, wie sie das anstellen soll. Die anderen Teilnehmerinnen geben ihr Tipps und berichten von ihren Erfahrungen. Max Schellmann bietet ihr Unterstützung bei der Anmeldung an und warnt: „Gehen Sie nicht allein in das Geschäft eines Anbieters. Älteren Menschen, die sich nicht so gut auskennen, wird dort gern mal etwas aufgeschwatzt, was sie nicht brauchen – zum Beispiel ein zweiter Fernseh-Anschluss.“

IM ALTER AKTIV BLEIBEN – MIT ODER OHNE SENIOREN-TABLET

Auch Maria-Augusta gesellt sich zu den Damen. Die 74-Jährige kommt jede Woche zum Café PAUL und schätzt es sehr, dass sie dort lernt, mit dem Tablet umzugehen. Genutzt hat sie das Internet bereits, beispielsweise, um herauszufinden, wie sie ihren Mantel färben kann. Außerdem liest und schreibt sie regelmäßig E-Mails. Am NetzWerk GesundAktiv nimmt sie aber vor allem teil, weil sie sich für die Ergebnisse des Projektes interessiert. Auch die Angebote, die ihr im Rahmen ihres persönlichen Unterstützungsplans vorgeschlagen werden, nutzt sie gern. „Meine Kinder haben mir ein Fahrrad geschenkt, also habe ich am Wochenende einen Fahrradkurs gemacht.“ Für die gebürtige Portugiesin war das eine ganz neue Erfahrung. „Ich bin in den Bergen aufgewachsen und daher als Kind nie Fahrrad gefahren“, erzählt sie.

VOR ALLEM FRAUEN INTERESSIEREN SICH FÜR SENIOREN-TABLETS

An manchen Tagen kommen bis zu 30 Teilnehmende ins Café PAUL, einmal waren es sogar mehr als 50. Heute sind es sieben – und ausschließlich Damen. „Die sind generell stärker vertreten als Männer, als ob gerade Frauen im Alter nochmal ihr Interesse für Computer entdecken“, so Max Schellmann.

Senioren Tablet Cafe PAUL Albertinen Haus

Wie bediene ich ein Senioren-Tablet? Das wird Max Schellmann beim Café PAUL oft gefragt

Das Café geht immer donnerstags von 9 bis 12 Uhr. Monika verabschiedet sich heute etwas früher. Sie muss noch weiter zu einem Smartphone-Kurs von Senioren für Senioren in der Kirchengemeinde Niendorf. „Dort will ich lernen, wie ich mit meinem Sohn im Ausland telefonieren kann“, sagt sie.

NetzWerk GesundAktiv

Das Hamburger Pilotprojekt „NetzWerk GesundAktiv“ (NWGA) hat das Ziel, älteren Menschen ein möglichst langes selbstständiges und selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. An dem Projekt nehmen rund 880 ältere Menschen teil.

Erste Anlaufstelle für die Teilnehmenden ist die Koordinierende Stelle im Albertinen Haus. Dort durchliefen sie zunächst umfangreiche Untersuchungen und strukturierte Tests, mit denen ihre individuellen Bedürfnisse erfasst wurden. Die Ergebnisse bildeten die Basis für einen individuellen Unterstützungsplan, mit dem idealerweise eine vollstationäre Pflege vermieden werden kann.

Auf Wunsch erhalten die Teilnehmenden einen Tablet-PC mit der speziellen Software PAUL, um den Einsatz von technischen Assistenzsystemen zu erproben. Insgesamt nutzen 381 Teilnehmende das Senioren-Tablet.

Federführend bei dem Projekt ist die Techniker Krankenkasse, Konsortialpartner sind neben dem Albertinen-Haus auch CIBEK technology + trading GmbH, die BARMER, die DAK-Gesundheit, die KNAPPSCHAFT, die Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., die Universität Bielefeld sowie die Albertinen Haus-Forschungsabteilung für Klinische Geriatrie, wissenschaftliche Einrichtung an der Universität Hamburg. Das NWGA wird aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert.

Dieser Beitrag wurde am 18. November 2019 veröffentlicht.

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2 Kommentare

  1. Monika Harms sagt:

    ich wünsche allen Teilnehmer und Mitarbeiter/Innen ein friedliches Weihnachtsfest und ein glückliches 2020. Leider kann ich nicht zum treffen ins Kaffee Paul kommen da ich von Montag bis Freitag schon ab 7 Uhr im Schwimmbad bin. Liebe Grüsse, Monika Harms

  2. Sonja Fröse sagt:

    Sehr interessanter Artikel mit vielen einzelnen Punkten, die auch nach über einem Jahr und Corona-Pandemie noch gültig sind.

    Beim Kauf von hochpreisigen Gegenständen (Autos, Waschmaschinen usw) werden häufig Tablets dazugegeben, weshalb nicht auch für Senioren, wenn diese beispielsweise in eine seniorengerechte Wohnung einziehen oder sich einen Rollator kaufen?! Es wäre so viel in diesem Bereich möglich und den „Fahrlehrer“ fürs Internet wünsche ich mir auch, obwohl ich keine 80 Jahre alt bin.

    Ich hoffe, dass sich da ganz schnell ganz viel tut – Thema Vereinsamung und täglicher Einkauf, Minijobs schaffen usw. IT-Studenten, die Praktikas in Seniorenheimen und ambulante Pflegedienste machen im Tausch gegen selbstgebackenem Kuchen, …

    Herzliche Grüße,
    Sonja Fröse

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